Koalitionsvertrag: HDE sieht Fortschritte – aber auch deutliche Schwächen

Der Handelsverband Deutschland (HDE) bewertet den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD mit gemischten Gefühlen: Während einige Maßnahmen als positive Impulse für den Handel gewertet werden, bleiben laut Verband wichtige Punkte unbeachtet. Vor allem bei Stromkosten, Bürokratieabbau und Arbeitszeitregelungen gibt es Zustimmung – doch zentrale Themen wie die Zukunft der Innenstädte und die Tarifautonomie werfen Schatten.

„Der Koalitionsvertrag beinhaltet viele richtige und wichtige Dinge. Der Bürokratieabbau beispielsweise muss im Fokus der kommenden Bundesregierung stehen. Das ist richtig benannt. Klar erkannt ist auch der unfaire Wettbewerb mit Blick auf Plattformen wie Temu aus Drittstaaten außerhalb der EU, da müssen wir aber rasch in die Umsetzung von Gegenmaßnahmen kommen. Und auch bei den Stromkosten tut sich mit der Reduzierung der Stromsteuer endlich etwas. Richtigerweise soll außerdem eine dringend erforderliche Investitionsoffensive mit einem Deutschlandfonds auf dem Weg gebracht werden. Auf der anderen Seite bleiben aber ebenso wichtige Punkte offen oder ungenannt. Da muss die Regierung dann jenseits des Koalitionsvertrages ran“, so HDE-Präsident Alexander von Preen.

Positiv wertet der HDE die geplante Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit und das klare Bekenntnis zur Vertrauensarbeitszeit ohne verpflichtende Zeiterfassung – ein Schritt, der den Bedürfnissen vieler Handelsbetriebe entgegenkommt. Auch die vorgesehenen steuerlichen Entlastungen im Bereich Stromkosten gelten als wichtiges Signal für die Branche.

Kritik an politischem Eingriff in Lohnfindung

Besonders kritisch äußert sich der HDE zur im Vertrag angedeuteten Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro im Jahr 2026. „Die Tarifautonomie hat in Deutschland aus gutem Grund Verfassungsrang und muss vor politischen Eingriffen geschützt bleiben. Der Staat hat sich aus der Lohnfindung herauszuhalten, politische Zielmarken für die unabhängige Mindestlohnkommission sind auch in indirekter Form seitens der Politik nicht akzeptabel. Der Mindestlohn ist seit 2022 bereits um mehr als 30 Prozent gestiegen. Staatliche Einmischungen beim Mindestlohn produzieren nur Verlierer: Die Wirtschaft, weil sie weiter an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt und die Menschen in unserem Land, die mit höheren Preisen und wachsender Arbeitsplatzunsicherheit leben müssen“, erklärt von Preen.

Innenstädte in Gefahr – klares Bekenntnis fehlt

Ein weiteres Manko sieht der HDE in der fehlenden Strategie zur Rettung der Innenstädte. Zwar begrüßt der Verband die angekündigte Verdopplung der Städtebauförderung, hält diese Maßnahme jedoch für nicht ausreichend. „Die Sanierung von Straßen, Brücken und Bahn ist wichtig, aber darüber darf man nicht unsere Stadtzentren vergessen. Die Lage ist vielerorts bedrohlich, viele Innenstädte erreichen Kipppunkte. Es braucht jetzt dringend bessere Möglichkeiten zur Abschreibung von Investitionen in Innenstädte. Das ist gut investiertes Geld und mobilisiert privates Kapital“, so von Preen.

Insgesamt sieht der HDE in dem Koalitionsvertrag durchaus Chancen – warnt jedoch davor, zentrale Herausforderungen wie die Zukunft des stationären Handels und die Belastbarkeit kleiner und mittelständischer Betriebe aus dem Blick zu verlieren. Jetzt komme es auf die Umsetzung an.

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